Abwasserentsorgung - Blau ist kein Zustand: redde dagen

Abwasserentsorgung

WARNUNG: jetzt wird es “schwerverdaulich” (wer hält durch bis zum Ende dieses Abschnitts ?):

Regelung AUF SEE

Die gesetzlichen Regelungen finden sich für Deutschland in »» §9(1)2 See-Umweltverhaltensverordnung in der Fassung vom 13.12.2019.

Darin steht u.a.(auszugsweise):

(1) Das Einleiten von Schiffsabwasser ins Meer nach Maßgabe der Anlage IV Regel 11 Absatz 1 Satzteil vor Absatz 1.1 und Absatz 3 Satzteil vor Satz 2 des MARPOL-Übereinkommens ist verboten

2.in der Ostsee

a) für die in Anlage IV Regel 2 Absatz 1 des MARPOL-Übereinkommens nicht genannten Schiffe einschließlich Sportboote, sofern diese Schiffe über eine mit einer Abwasserrückhalteanlage ausgerüsteten Toilette verfügen, auf Seewasserstraßen,

b) für die in Buchstabe a bezeichneten Schiffe, die die Bundesflagge führen, auch seewärts der Begrenzung der Seewasserstraßen.

Unter „seewärts der Begrenzung der Seewasserstraßen“ verstehe ich den Bereich jenseits der 3 sm Zone.

Nach der obigen deutschen Verordnung ist die Einleitung von Abwässern aus dem Schwarzwassertank von Sportbooten, die die Bundesflagge führen, in die Ostsee (egal ob innerhalb oder seewärts von Seewasserstraßen) also generell verboten.

Diese deutsche Regel geht somit über die Vorschriften von MARPOL hinaus, weil sie

– Sportboote nicht ausnimmt

– für die gesamte Ostsee (auch außerhalb Deutschlands für Boote mit deutscher Flagge) gilt

In der Ostsee gilt an sich das Einleitverbot nach Maßgabe der »» Anlage IV Regel 11 zu MARPOL … für Sportboote. Auch MARPOL kennt jedoch die Ostsee als Sondergebiet / special area (ebenso wie die SeeUmwVerhV).

Demnach gilt gem. MARPOL für alle Schiffe, die keine Fahrgastschiffe sind, in allen Gebieten:

Das Einleiten von Abwasser ist gemäß Regel 11(1)1 Anlage IV MARPOL verboten, es sei denn, das Abwasser ist unbehandelt und

 stammt aus einem Sammeltank

– …das Schiff fährt auf seinem Kurs

– Mindestgeschwindigkeit 4 kn

– Mindestens 12 sm vom nächstgelegenen Land

Die deutsche Regelung ist also wesentlich schärfer !

Es passieren immer wieder Verstöße, die dann öffentlichkeitswirksam (und nicht immer sachlich fundiert) herausgestellt werden. Ein Beispiel:

»» https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/schiff-soll-rund-1000-liter-faekalien-in-ostsee-geleitet-haben,ostseefaekalien-100.html

Andererseits gilt die SeeUmwVerhV auf See, aber nicht in den Seehäfen. Dort wären entsprechende Vorgaben der jeweiligen Bundesländer maßgeblich.

Regelung IM HAFEN

Ebenso gilt: EN ISO 8099-1: 2018 Kleine Wasserfahrzeuge – Abfallsysteme – Teil 1: Abwasserrückhaltung (gültig im CEN Bereich, also auch für Deutschland, Dänemark und Schweden). Der Deutsche Seglerverband hat außerdem ein Merkblatt »»Fäkalienentsorgung in Sportboothäfen” herausgegeben.

a) Decksreinigung

Wie mit Vorhaltungen durch die Aufsichtsbehörden im Zusammenhang mit Decksreinigung umzugehen ist, ist derzeit noch offen. Jedenfalls wurde berichtet, ein Segler sei darauf angesprochen worden, dass er sich im Hafen mit dem Waschen seines Decks (mit Süßwasser ohne Zusatz von Reinigungsmitteln) einer unzulässigen Einleitung in das Gewässer schuldig gemacht habe.

Zur Definition von “Einleiten”: Nach Art. 2 Abs. 3 lit. a MARPOL-Übereinkommen bedeutet Einleiten in Bezug auf Schadstoffe oder solche Stoffe enthaltende Ausflüsse “jedes von einem Schiff aus erfolgende Freisetzen unabhängig von seiner Ursache” einschließlich jedes Entweichens, Beseitigens, Auslaufens, Leckens, Pumpens, Auswerfens oder Entleerens. Damit wäre zunächst zu belegen, dass in dem aus der Decksreinigung entstehenden Abwasser überhaupt Schadstoffe enthalten sind. Das »» Umweltbundesamt beschreibt “Gefährliche Stoffe und ihre Effekte” wie folgt:

Für die Meeresumwelt sind vor allem Schadstoffe gefährlich, die drei Stoffeigenschaften vereinen: sie werden nicht oder nur langsam abgebaut (persistent), sie reichern sich in Lebewesen an (bioakkumulierend) und sind giftig (toxisch). Diese ⁠PBT⁠-Stoffe erfordern in besonderem Maße Vorsorge. Aufgrund ihrer Langlebigkeit können sich diese Stoffe vor allem in den Meeresökosystemen anreichern und weit verbreiten. Wirkungen können zeitlich verzögert auftreten.

Sind vor diesem Hintergrund Stoffe (z.B. Möwendreck), die beim Deckschrubben erfasst werden, “Schadstoffe” ?

Andererseits legt das Gesetz über Abgaben für das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserabgabengesetz – AbwAG) fest:

§ 10 Ausnahmen von der Abgabepflicht

(1) Nicht abgabepflichtig ist das Einleiten von
3. Schmutzwasser von Wasserfahrzeugen, das auf ihnen anfällt,

Dass im obigen Beispiel kein Bussgeld verhängt wurde, könnte damit zusammenhängen, dass eine solche Einleitung eben nicht abgabepflichtig ist (s.o.) Sollte es in diesem Zusammenhang jemals zu einem Bußgeldverfahren kommen, wäre es interessant, die Rechtsgrundlage zu erfahren. MARPOL (mit Geltung auf See) macht dazu selbst dann keine eindeutigen Vorgaben, wenn im Abwasser nach Deckwaschen Ladungsreste (aus der Berufsschiffahrt) enthalten sind. Auch in den einschlägigen Hafenordnungen ist zu dem Thema (zum Glück) nichts zu finden.

b) Küchenabwasser

Mindestens genauso interessant ist die Frage, ob Abwasser nach Geschirrspülen von Hand als Grauwasser anzusehen ist. Dass es keine internationale klare Definition gibt, was unter Grauwasser zu verstehen ist, macht die Sache nicht leichter. Nach allgemeinem Verständnis ist Grauwasser ein fäkalienfreies, gering verschmutztes Abwasser aus Bädern, Duschen oder Waschmaschinen. Die europäische Norm DIN EN 12056-1 definiert Grauwasser als fäkalien- und urinfreies, leicht verschmutztes Abwasser. Hier ist Geschirrspül-Abwasser nicht ausdrücklich genannt, wird jedoch von manchen Quellen wegen der Fettreste und Spülmittel nicht als Grauwasser anerkannt, sondern als “häusliches Schiffsabwasser” bezeichnet. Andere Quellen akzeptieren aber auch Abwasser aus Spülmaschinen als Grauwasser. Die amerikanische (Environmental Protection Agency (EPA) definiert Gray Water als Domestic wastewater composed of wash water from kitchen, bathroom, and laundry sinks, tubs, and washers. Hier ist “wash water from kitchen” wieder enthalten. Grauwasser ist aber jedenfalls nicht in den einschlägigen Entsorgungsvorschriften genannt.

Um die Verwirrung komplett zu machen: es gibt auch noch die (Landes-) Sportboothafenverordnung »» SpoBoHafVO Schleswig-Holstein, die die Entsorgung von Schiffsabfällen in Sportboothäfen regelt.

Sie liefert weitere Definitionen zu den Begriffen “Schiffsabfälle” und “Sportboot“(davon haben wir schon ein paar kennengelernt):

Schiffsabfälle” sind nach §4(1)

2. “Abfälle von Schiffen“ alle Abfälle, einschließlich Abwasser … die während des Schiffsbetriebs oder … Reinigen anfallen und in den Geltungsbereich der Anlagen … IV … des Internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL-Übereinkommen) … fallen,
4. „Sportboot“ ein Schiff jeder Art unabhängig von der Antriebsart, das für Sport- oder Freizeitzwecke bestimmt ist und nicht für den Handel eingesetzt wird.

c) Absaug-Einrichtungen an Land

Der beobachtete Mangel an funktionsbereiten Schwarzwasser-Absaugeinrichtungen in den Häfen sollte nach der SpoBoHafVO Schleswig-Holstein eigentlich garnicht auftreten:

(2) In Sportboothäfen, die von See aus angelaufen werden, haben Hafenbetreiber dafür Sorge zu tragen, dass den in den Hafen einlaufenden Sportbooten Hafenauffangeinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. …

(5) Die Hafenauffangeinrichtungen für Abwasser aus Sammeltanks sind entweder als mobile oder als stationäre Absauganlagen vorzuhalten. Diese sind mit einer flexiblen Absaugleitung und mit einem genormten Saugstutzen nach der Internationalen Norm ISO 8099-1:2018 (Deutsche Fassung EN ISO 8099-1:2018) für die Übernahme des Abwassers von Sportbooten mit Sammeltank auszurüsten. … Sportboothäfen mit weniger als 300 Liegeplätzen genügen den Anforderungen, wenn eine vertraglich vereinbarte Mitbenutzung einer in zumutbarer Entfernung vorhandenen Absauganlage sichergestellt ist.

Als “zumutbare Entfernung” in Ostsee-Gewässern werden dabei 6 sm angesehen (Verwaltungsvorschrift zur Sportboothafenverordnung vom 24.04.2024) .

§ 7 Ordnung in Sportboothäfen

(1) Der Hafenbetreiber eines Sportboothafens hat

2. Unzulänglichkeiten der Hafenauffangeinrichtungen nach § 4 sowie der Entsorgung von Schiffsabfällen … deren ordnungsgemäßen Zustand unverzüglich wieder herzustellen.

(2) Die Hafenbenutzerin oder der Hafenbenutzer hat spätestens vor dem Auslaufen Schiffsabfälle in die dafür vorgehaltenen Hafenauffangeinrichtungen zu verbringen. Für Hafenbenutzerinnen und Hafenbenutzer mit Sportbooten mit einer Zulassung für bis zu zwölf Passagiere gilt dies nur insoweit, als auf dem Sportboot nicht genügend geeigneter Lagerplatz oder Stauraum für die an Bord verbleibenden und auf der Fahrt zum nächsten Anlaufhafen voraussichtlich anfallenden Schiffsabfälle vorhanden ist.

§ 10 Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrig nach § 111 Absatz 2 Nummer 2 des Landeswassergesetzes (LWG) handelt, wer fahrlässig oder vorsätzlich

als Hafenbetreiber

d) entgegen § 4 Absatz 5 keine Hafenauffangeinrichtungen für Abwasser aus Sammeltanks bereitstellt oder die Absauganlagen nicht entsprechend ausstattet,

          Die Ordnungswidrigkeit des Hafenbetreibers kann gem. LWG §111 (3) mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden.

Alles klar oder eher verwirrt ?

Bussgelder

Folgen bei Verstößen (BVKatBin-See) gegenSeeUmwVerhV

laufende Nr.| Tatbestand | Verwarnungsgeld | Bußgeld

39.130110 | Einleiten von Schiffsabwasser bei einer Fahrt von einem deutschen Hafen zu einem deutschen Hafen (Inlandsfahrt) oder  Einleiten von Schiffsabwasser in der Ostsee von Schiffen einschließlich Sportbooten, die über eine Toilette mit Abwasserrückhalteanlage ausgerüstet sind (In- und Auslandsfahrt) < 1 m³ | – | 1.000 € (!)

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