Ausrüstungspflichten - Blau ist kein Zustand: redde dagen

Ausrüstungspflichten

Wir gehen davon aus, dass die SchSV in diesem Falle für unser Schiff (definitionsgemäß = “großes Sportboot” und “nicht eintragungspflichtig”) anwendbar ist.

Aus den “Ausrüstungspflichten ” ergibt sich argumentativ der sog. unbestimmte Rechtsbegriff  Seemännische Sorgfaltspflicht”.

Für private (und damit nicht gewerblich genutzte oder vermietete) Boote existieren hier lediglich Empfehlungen und Richtlinien, die als solche nicht bußgeldbewehrt sind. Auch wenn der Leitfaden „Sicherheit auf dem Wasser“ vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr herausgegegeben wurde, bleibt das Dokument dennoch eine nicht rechtsverbindliche (in den inhaltlichen Anforderungen wohl sehr weitgehend interpretierte) Auslegungs-Empfehlung.

Häufig ist auch die Auffassung zu hören, eine Ausrüstungspflicht für privat genutzte Sportboote existiere nicht und Veröffentlichungen in DSV, YACHT etc. seien keine Rechtsvorschriften, sondern allenfalls rechtlich unverbindliche Empfehlungen.

Die SchSV macht in Anlage 1 jedoch auch Angaben für Sportboote:

C. Vorschriften neben den allgemein anerkannten völkerrechtlichen Regeln und Normen für Schiffe unter der Bundesflagge

C.I. SOLAS

C.I.4. Zu Kapitel V der Anlage zu SOLAS

2. Anforderungen an die Navigationsausrüstung von Sportbooten

Auf großen Sportbooten im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 3 der See-Sportbootverordnung mit einer Bruttoraumzahl (BRZ) unter 150 , die nicht gewerbsmäßig für Sport- oder Erholungszwecke im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 2 der See-Sportbootverordnung genutzt werden, ist für die mitgeführte Navigationsausrüstung nach den Nummern …

2.1.1 a properly adjusted standard magnetic compass, or other means, independent of any power supply, to determine the ship’s heading and display the reading at the main steering position; dazu wird in Abschnitt 4 ausgeführt:

Magnet-Regelkompasse und Magnet-Steuerkompasse

Fest an Bord von Schiffen, die die Bundesflagge führen, aufgestellte Magnet-Regelkompasse und Magnet-Steuerkompasse müssen … mindestens alle zwei Jahre so reguliert werden, dass die größte Abweichung der technischen Norm G.1 im Anhang G der DIN ISO 25862:2021-01 entspricht; der Nachweis der Regulierung ist in Form einer Deviationstabelle an Bord mitzuführen. Der Schiffsführer hat regelmäßig die Deviation zu kontrollieren und die Eintragung über die Kontrollergebnisse der vergangenen zwölf Monate mitzuführen

2.1.4 nautical charts and nautical publications (das Thema wird an der verlinkten Stelle separat behandelt);

2.1.5 back-up arrangements to meet the functional requirements of subparagraph .4, if this function is partly or fully fulfilled by electronic means;

2.1.7 if less than 150 gross tonnage and if practicable, a radar reflector, or other means, to enable detection by ships navigating by radar at both 9 and 3 GHz;

… der Regel V/19 der Anlage zum SOLAS-Übereinkommen die Regel V/18 anzuwenden.

Die Regel V/18 (Regulation 18 – Approval, surveys and performance standards of navigational systems and equipment and voyage data recorderbeschreibt Verfahren zur Typgenehmigung von Ausrüstungsteilen, die hier nicht näher ausgeführt werden, weil nicht typgeprüfte Ausrüstungsteile keine CE-Kennzeichen haben und damit in Europa nicht verkehrsfähig sind und damit hier nicht verkauft werden dürfen.

Interessant in der Regel V/18 sind allerdings die Ausführungen zu AIS:

9 The automatic identification system (AIS) shall be subjected to an annual test. The test shall be conducted by an approved surveyor or an approved testing or servicing facility. The test shall verify the correct programming of the ship static information, correct data exchange with connected sensors as well as verifying the radio performance by radio frequency measurement and on-air test using, e.g., a Vessel Traffic Service (VTS). A copy of the test report shall be retained on board the ship.

die in etwas anderem Wortlaut auch in der SchSV ebenfalls unter Ziffer 2. Anforderungen an die Navigationsausrüstung von Sportbooten aufgenommen wurden:

Ist ein Sportboot mit einem Gerät des weltweiten Automatischen Schiffsidentifizierungssystems (AIS) ausgerüstet, obwohl es nicht der Ausrüstungspflicht … unterliegt, muss das Gerät … zugelassen sein oder über eine Zulassung des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie verfügen. …

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat einige (gesetzlich allerdings nicht verbindliche) Regeln und Tips  für den Wassersport auf Bundeswasserstraßen unter dem Titel

»» Sicherheit auf dem Wasser

herausgegeben.

mehr

Darin wird unter dem Abschnitt “Nautische Ausrüstung” aufgezählt:

Steuerkompass,

– ein Peilkompass oder eine andere Peileinrichtung,

– Echolot,

aktuelle Papier-Seekarten und/oder elektronisches Seekartensystem und Unterlagen für das Fahrtgebiet,

– Bleistift, Zirkel und Kursdreiecke (bei Nutzung Papier-Seekarten),

Radarreflektor,

– Seefunkanlage zur Teilnahme am GMDSS,

– einschlägige Verkehrsvorschriften für das Fahrtgebiet,

– Schiffstagebuch.

...weniger

Die SOLAS Regeln sind grundsätzlich nicht für Sportboote anwendbar, es sei denn, die Sportboote sind in SOLAS explizit erwähnt:

SOLAS

SOLAS CHAPTER I GENERAL PROVISIONS

PART A-APPLICATION, DEFINITIONS, ETC.

Regulation 3

Exceptions

(a) The present Regulations, unless expressly provided otherwise, do not apply to:

(v) Pleasure yachts not engaged in trade.

...weniger

Die SchSV referenziert daher auch für Sportboote in einigen Aspekten auf SOLAS:

Ein Verstoß gegen SOLAS wäre in Deutschland bei nicht-kommerzieller Nutzung kaum bussgeldbewehrt, weil die SOLAS Regeln in Deutschland in diesem Falle nicht greifen (s.o.). Sanktionierbar wäre in Deutschland allenfalls ein Verstoß gegen die in der SchSV aufgenommenen und damit verbindlich gewordenen Passagen aus SOLAS.

Wer bis hierhin gelesen hat, hat eine Zusammenfassung verdient:

Für uns heißt das, es gibt gesetzliche Forderungen zur Ausrüstung mit:

– Magnetkompass (Deviationstabelle ist gesetzliche Pflicht)

– Radarreflektor

– Umgang mit AIS (falls an Bord installiert)

Die übrige sinnvolle Ausrüstung läßt sich aus dem Bußgeldkatalog und den einschlägigen Regelwerken nicht verbindlich als verpflichtend ableiten.