Das Lastenheft bringt eigene Vorstellungen auf Papier und gibt die Chance, gründlich darüber nachzudenken: schließlich sind die meisten Festlegungen, wenn das Schiff mal fertig ist, nicht mehr so ohne Weiteres korrigierbar.
Das daraus entwickelte Pflichtenheft mit detaillierten Angaben zu Stückzahlen, Fabrikaten, Typ-Bezeichnungen, Artikel-Nummern etc. wird dann zum Bestandteil des Kaufvertrages gemacht und dient später als Checkliste bei der Abnahme vor dem Eigentumsübergang.
Bei Beauftragung wurden vier Teilzahlungen zu den folgenden Zeitpunkten vereinbart:
- Auftragserteilung
- Beginn des Baus
- Ende des Baus
- Übernahme
Die Zahlungen zu 2. und 3. wurden über Bankbürgschaften (kostenpflichtig für den Käufer) gesichert. Die erste Zahlung diente dazu, den Auftrag in Gang zu setzen, die letzte Zahlung wurde erst nach erfolgreicher Abnahme geleistet und der Käufer bekommt das Schiff dann als Sicherheit und übernimmt ab dem Zeitpunkt alle Haftungsrisiken als Eigentümer.
Man könnte die Absicherung über Bankbürgschaften für übertrieben halten oder sogar auch noch die beiden anderen Zahlungen absichern, aber die von Dritten (zum Glück nicht von mir !) gemachten Erfahrungen haben gezeigt, dass selbst für unwahrscheinlich gehaltene »» Insolvenzrisiken das gesamte Projekt ins Wanken bringen oder einen Totalverlust der Investition bedeuten können. Leider wurde noch mindestens »» ein weiterer Fall bekannt. Das war bei uns zum Glück nicht so.
Das Schiff konnte während des Baus in Augenschein genommen werden und wurde am Schluss in Eckernförde übernommen, was notwendigenfalls die Anwendung deutschen Rechts zur Folge gehabt hätte (wenn es denn nötig gewesen wäre – war es zum Glück nicht)
Die gründliche systematische Übernahme auf der Grundlage des Pflichtenhefts samt dokumentiertem Eigentumsübergang hat einen vollen Tag in Anspruch genommen und nur wenige Mängel (aufgrund von ein paar Kommunikationsdefiziten) offenbart, die kurzfristig behoben werden konnten.
Das würde ich alles genau so wieder machen.
Was ich beim nächsten Mal anders machen würde: ich würde mich vor Auftragserteilung noch wesentlich detaillierter über Einzelheiten und die Zusammenhänge zwischen Installationen unterschiedlicher Fabrikate und deren Konsequenzen informieren lassen oder selbst schlau machen.
Hier ein paar Beispiele:
– welche Bedeutung haben Größe und Platzierung des Fäkalientanks ?
– WC Spülung elektrisch oder manuell und mit Süß- oder Salzwasser ?
– Wieviel Frischwasser wird beim (im Lastenheft) festgelegten Fahrtgebiet wirklich benötigt und wie groß müssen die Tanks sein ?
– was ist ein Kettenzähler am Anker und wird er gewünscht und wie ist ggfs. der Aufwand / die technischen Möglichkeiten einer späteren Nachrüstung ?
– welche Bedeutung hat ein UV-Schutz bei modernen Segeln ?
– Kutterfock mit Stagreitern oder Furler ?
– einheitliches Matratzenfabrikat (auch in Gästekabine) ?
– wie funktioniert die Datenkommunikation zwischen verschiedenen elektronischen Geräten (z.B. Raymarine, Simarine und Victron) und Sensoren (z.B. Logge und MFD) ?
– Inverter separat oder kombiniert mit Ladegerät ?
– welche Daten können und welche sollen zentral (z.B. am MFD) angezeigt werden und welche reichen dezentral ?
– wie spielen verschiedene Gerätschaften für Internet Versorgung zusammen (Router, Kabel, Antenne in Art und Position, WLAN Empfang in Marinas, Datenkarten etc.) ?
– welche Komfortansprüche sind technisch und praktisch realisierbar (z.B. Dusche, Waschmaschine, Mikrowelle, Spülmaschine, Größe der Kojen, Matratzen, Stehhöhe) ?
– Notwendigkeit von Fernsehen und Radio (bei gegebenem Internet Zugang) ?
– Radar erforderlich ?
– wie sieht das Brandschutzkonzept aus (Gleichgewicht zwischen Brandrisiko und bereitgestellten Löschmitteln) ?
– was geht alles in ein gesamthaftes Sicherheitskonzept ein (Leitern, Rettungsmittel, Strecktaue, Einweisung der Besatzung, technische Zuverlässigkeit etc.) ?
– wieviel Kühlflüssigkeit braucht ein Motor im geschlossenen Kreislauf wirklich ?
Mit anderen Worten: Etwas mehr Phantasie, Wissen und Vorstellungsvermögen beim Vorausdenken zahlreicher Umstände in der realen Zukunft wären nützlich gewesen.